Tugend und Frömmigkeit

Bild, JerzyGorecki (Theater des Lebens)

Tugend und Frömmigkeit wird manchmal mit Begriffen wie mit Strenge, nach strengen Prinzipien, persönlich anspruchslos bezeichnet –. Was bedeutet und ist Tugend und Frömmigkeit nach historischen Texten wirklich?

Tugend

… aufs Einfachste reduziert:

Die Tugend (abgeleitet von taugen), bezeichnet ganz allgemein die Fähigkeit und innere Haltung, das Gute, das einem zur innersten Natur geworden ist mit Neigung, also leicht und freudig zu tun. (Tugend)

Exempel der Wortbedeutung Tugend für geläufige Denkweise:

Die außergewöhnliche Vorliebe für Etwas wird denn umgangssprachlich auch als Fimmel (wie Hobby) bezeichnet und man könnte dies – wenn man von abwertenden Begriffen zum Fimmel und deren Synonymen absieht – als Tugend einreihen. Beispiele: „Sein Fimmel ist ihm zur Tugend geworden.“ „Mein Hobby ist mir Tugend.“ „Seine Tugend (Hobby) zur Fotografie führte ihn zum Erfolg!“

Frömmigkeit 

… hier drei Auslegungen:

J. W. von Goethe
Frömmigkeit ist kein Zweck, sondern ein Mittel, um durch die reinste Gemütsruhe zur höchsten Kultur zu gelangen. Deswegen lässt sich bemerken, dass diejenigen, welche Frömmigkeit als Zweck und Ziel aufstecken, meistens Heuchler werden.

Friedrich Nietzsche
(Post-)Moderne Philosophie: Friedrich Nietzsche begreift die Frömmigkeit als Hingabe, Flucht vor der Wahrheit und auch als ein Verständnis, das dem Unglauben entwächst.

Immanuel Kant
Frömmigkeit besteht „nicht in der Selbstpeinigung des reuigen Sünders (welche sehr zweideutig ist und gemeiniglich nur innerer Vorwurf ist, wider die Klugheitsregel verstoßen zu haben), sondern im „festen Vorsatz, es künftig besser zu machen …, der, durch den guten Fortgang angefeuert, eine fröhliche Gemütsstimmung bewirken muss, ohne welche man nie gewiss ist, das Gute auch lieb gewonnen, d. i. es in seine Maxime aufgenommen zu haben“.

Frömmigkeit im schlechten Sinne ist der „Grundsatz des leidenden Verhaltens in Ansehung der durch eine Kraft von oben zu erwartenden Gottseligkeit“; eine passive Verehrung des göttlichen Gesetzes (im Gegensatz zur Tugend als der „Anwendung eigener Kräfte“ zur Beobachtung der Pflicht).

Eine Hölle nach dieser Welt? Welche Phantasie!
Emanuel Wertheimer (1846 – 1916), deutsch-österreichischer Philosoph und Aphoristiker ungarischer Herkunft.

Anm. Frömmigkeit nach Tao de king, Aphorismen 16.: … Erkennt man das Ewige, so wird man duldsam. Duldsamkeit führt zur Gerechtigkeit. (Gerechtigkeit führt zur Herrschaft. Herrschaft führt zum Himmel. Himmel führt zum Sinn.) Sinn führt zur Dauer. Sein Leben lang kommt man nicht in Gefahr.

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