Zu Gunsten der Muße

Die Arbeit bekommt immer mehr alles gute Gewissen auf ihre Seite: Der Hang zur Freude nennt sich bereits „Bedürfnis der Erholung“ und fängt an, sich vor sich selber zu schämen. „Man ist es seiner Gesundheit schuldig“ — so redet man, wenn man auf einer Landpartie ertappt wird. Ja, es könnte bald so weit kommen, dass man einem Hang zur vita contemplativa (das heißt zum Spazierengehen mit Gedanken und Freunden) nicht ohne Selbstverachtung und schlechtes Gewissen nachgäbe. – so von Friedrich N.

Zu Gunsten der Müßigen

Zu Gunsten der Müßigen. — Zum Zeichen dafür, dass die Schätzung des beschaulichen Lebens abgenommen hat, wetteifern die Gelehrten jetzt mit den tätigen Menschen in einer Art von hastigem Genuss, sodass sie also diese Art, zu genießen, höher zu schätzen scheinen, als die, welche ihnen eigentlich zukommt und welche in der Tat viel mehr Genuss ist. Die Gelehrten schämen sich des otium. Es ist aber ein-edel-Ding um Muße und Müßiggehen. — Wenn Müßiggang wirklich der Anfang aller Laster ist, so befindet er sich also wenigstens in der nächsten Nähe aller Tugenden; der müßige Mensch ist immer noch ein besserer Mensch als der tätige. — Ihr meint doch nicht, dass ich mit Muße und Müßiggehen auf euch ziele, ihr Faultiere? —

Friedrich Wilhelm Nietzsche (* 15. Oktober 1844 in Röcken; † 25. August 1900 in Weimar) war ein deutscher klassischer Philologe, dessen Hauptwerk jedoch aus Schriften besteht, die ihn – allerdings erst postum – als Philosophen weltberühmt machten. Als Nebenwerke schuf er Dichtungen und musikalische Kompositionen. Ursprünglich preußischer Staatsbürger, war er seit seiner Übersiedlung nach Basel 1869 staatenlos.

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Wenn schon F. Nietzsche, dann auch Zarathustra (1883),
z. B
„Vom neuen Götzen“ … hart aber herzlich … seinerzeit. – Nietzsches Spuren.

In Zarathustra und Denkschriften anderer Autoren kommt das Wort „Blinzler“ vor. Nun, was bedeutet „Blinzler“ (blinzeln, zwinkern)? – so auf einer Webseite, die so folgende Definition: Ein „Blinzler“ ist, der für andere lügt, um sie vor Strafe zu schützen und vom Leid des andern nichts wissen will. Im Duden ist nur das Augenblinzeln beschrieben (durch Blinzeln gegebenes Zeichen der Verständigung), also nichts im Kontext der Definition, die mir für „Blinzler“ den Texten nach als richtig ist.

Zarathustra — an dieser Stelle tut auch Aufklärung gut, der Passage im Kapitel:

»Von alten und jungen Weiblein« von der Begegnung Zarathustras mit einem »alten Weiblein« berichtet.  Dieses fordert den Weisen auf, auch einmal etwas über die Frauen zu sagen, und er beginnt seine Ausführungen mit den Worten: »Alles am Weibe ist ein Rätsel, und alles am Weibe hat eine Lösung: Sie heißt Schwangerschaft.« Im Folgenden wird mehrfach auf die Gefährlichkeit der Frau für den Mann hingewiesen (»Der Mann fürchte sich vor dem Weibe«) und darauf, dass die Frau sich unterzuordnen habe (»Und gehorchen muss das Weib«). Das »alte Weiblein« dankt Zarathustra für seine Darlegungen und bestätigt sie ihm mit einer »kleinen Wahrheit«, die im Original diesen Wortlaut hat: »Du gehst zu Frauen? Vergiss die Peitsche nicht!«

Des manch Missverständnis der zitierten Stelle, das ist erst richtig mit von Nietzsche im Nachhinein arrangierten Bildes! – der Recherche Schluss

Die Nietzsche-Biografin Carol Diethe verfasste ein Buch mit dem Titel „Vergiss die Peitsche“, das Nietzsches Beziehungen zu den Frauen zum Gegenstand hat.

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Lou von Salomé (mit Peitsche), Paul Rée und Friedrich Nietzsche auf einem von Nietzsche arrangiertem Foto, nachdem Salomé Heiratsanträge der beiden abgelehnt hatte.

…vergiss die Peitsche nicht! – denn der Liebe trotz der Frau das rotzt.

Andreas Belwe schreibt zu diesem berühmten Zitat:
„Was dem Laien zu Nietzsche als erstes einfällt, ist der Spruch: ‚Wenn zum Weibe gehst, vergiss die Peitsche nicht.‘ […] Aber: was die wenigsten wissen, ist, dass dieser Satz ironisch gemeint ist und eine Kritik darstellt an dem repressiven Geschlechterverhältnis seiner Zeit.“[62] Belwe erklärt, dass Nietzsche einer der ersten Philosophen war, die die Geschlechterdifferenz berücksichtigten und stellt fest:
„Dieses Zitat avancierte dann zur frauenfeindlichsten Äußerung überhaupt. Aber nur aus Unkenntnis. Außerdem dient es als Standardvorwurf an Nietzsche, um ihn gynophob oder als misogyn abzustempeln.“[62]

Nietzsche diskutierte hauptsächlich mit Frauen und war umgeben von Frauenrechtlerinnen, von denen viele nach Sils Maria reisten, um ihn zu besuchen. Zu diesen Frauen gehörten zum Beispiel:

  • Helene von Druskowitz (die zweite promovierte Philosophin überhaupt).
  • Lou Andreas-Salomé (s. o., eine weitgereiste Schriftstellerin und Psychoanalytikerin).

Die Radikalfeministin und Pazifistin Helene Stöcker würdige Nietzsche in ihrer Autobiografiemit folgenden Worten: „Keinem andern Geist unter den Lebenden fühle ich mich so tief verbunden.“

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Sozusagen, studiere nur was du magst! – mit gutem Überblick diesen Hinweis Jenseits von Gut und Böse in „Einordnung Nietzsches Schriften“ …  (Kultur) Nietzsche lesen kann schwer werden.

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